title | authors | authorLinks | affiliations | date | dataset | abstract |
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Analyse von Virus-Genomen zur Ausbreitung von nCoV. Lagebericht 2020-01-25. |
Trevor Bedford, Richard Neher, James Hadfield, Emma Hodcroft, Misja Ilcisin, Nicola Müller |
Fred Hutch, Seattle, USA and Biozentrum, Basel, Switzerland |
2020 Jan 30 |
Dieser Bericht verwendet öffentlich zugängliche Genome des neuartigen Coronavirus (nCoV) aus GISAID oder Genbank, um die Rate und das Muster der Verbreitung des Ausbruchs abzuschätzen. Wir planen, aktualisierte Lageberichte herauszugeben, sobald neue Daten verfügbar sind. Diese Website ist für Desktop-Browser optimiert und nur eingeschränkt auf mobilen Endgeräten nutzbar. |
## Zusammenfassung
Wir haben 42 öffentlich zugängliche Genome des neuartigen Coronavirus (nCoV) untersucht, um auf das Datum des gemeinsamen Vorfahren und die Verbreitungsrate zurückzuschliessen.
Wir finden:
* 42 untersuchte Genome sind sehr ähnlich und unterscheiden sich von den frühesten sequenzen durch 0-7 Mutationen.
* Diese geringe Diversität deutet darauf hin, dass der Ausbruch entweder auf eine einzige Tier zu Mensch Übertragung oder auf eine geringe Anzahl von Übertragungen sehr ähnlicher Viren zurückzuführen ist.
* Diese Tier zu Mensch Übertragung fand höchstwahrscheinlich im November oder Anfang Dezember 2019 statt.
* Seit diesem Zeitpunkt hat sich das Virus durch Mensch zu Mensch Übertragung ausgebreitet.
* Aus den Schätzungen der Gesamtzahl der Fälle vom Imperial College London von mehreren zehntausend Fällen schliessen wir auf eine Reproduktionszahl zwischen 1.8 und 3.5, was auf ein schnelles Wachstum im Zeitraum von November bis Januar hindeutet.
- Allgemeine Informationen zum Coronavirus auf Wikipedia 2020-01-30
- Zusammenfassung des nCov Ausbruchs auf Wikipedia (englisch) 2020-01-30
- Fragen und Antworten des Robert-Koch-Instituts 2020-02-01
- Hintergründe zum Virus auf ViralZone (englisch) 2020-01-23
## Verschiedene Coronaviren des Menschen
Coronaviren (CoV) gehören zu einer diversen Gruppe von Einzelstrang-RNA-Viren (+ssRNA-Viren), die unter anderem Atemwegsinfektionen beim Menschen verursachen.
Einige Varianten von Coronaviren haben in der Vergangenheit zu Ausbrüchen geführt, andere zirkulieren ständig und verursachen meist leichte Atemwegsinfektionen (z.B. Erkältung).
#### SARS-CoV & MERS-CoV
Das bekannteste dieser Coronaviren ist [SARS-CoV](https://de.wikipedia.org/wiki/Schweres_Akutes_Atemwegssyndrom) ("Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom"), das sich bei einem Ausbruch von November 2002 bis Juli 2003 weltweit ausbreitete und zu über 8000 Fällen und 774 Todesfällen führte (Sterblichkeitsrate: 9-11%).
Im Jahr 2012 wurde ein neuartiges Coronavirus, [MERS-CoV (englisch)](https://en.wikipedia.org/wiki/Middle_East_respiratory_syndrome) ("Middle East Respiratory Syndrome"), das schwere Atemwegssymptome verursacht, identifiziert. MERS hat zu Todesfällen geführt, die mit denen von SARS vergleichbar sind.
Der Übertragungsweg von MERS ist jedoch sehr unterschiedlich. Während SARS effizient von einem Menschen auf einen anderen übertragen wurde, waren Infektionen mit MERS beim Menschen im Allgemeinen das Ergebnis unabhängiger Zoonosen (Übertragungen von Tier zu Mensch) von Kamelen (siehe [Dudas _et al._](https://elifesciences.org/articles/31257) für weitere Informationen). Dies hat zu einem sich selbst begrenzenden Ausbruch geführt, der weitgehend auf die Arabische Halbinsel beschränkt blieb.
#### Saisonale CoV
Allerdings sind nicht alle Coronaviren so gefährlich wie SARS und MERS.
Es gibt vier "saisonale" Coronaviren, die jedes Jahr den Menschen infizieren.
Im Vergleich zu SARS sind Infektionen mit saisonalen Coronaviren-Stämmen viel häufiger und haben typischerweise einen weniger schweren Verlauf.
Sie sind häufiger [Ursache für grippeähnliche Erkrankungen (ILI)"](https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5820427/).
Tatsächlich werden bei [5](https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2879166/)-[12](https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5820427/)% aller ILI-Fälle Coronaviren gefunden.
Weltweit gibt es vermutlich jedes Jahr Millionen Infektionen, die zu Erkältungen ohne weitere Komplikationen führen.
Diese saisonalen Coronaviren sind das Ergebnis separater Tier zu Mensch Übertragungen vermutlich von Fledermäusen in den letzten ~100 Jahren.
Nach der Zoonose haben sich diese Varianten in der menschlichen Bevölkerung etabliert und zirkulieren weltweit.
#### Coronaviren in Tieren
Coronaviren infizieren eine Vielzahl von Tieren. Die oben beschriebenen Ausbrüche beim Menschen sind das Ergebnis eines oder mehrerer "Sprünge" aus diesen Tierreservoiren in die menschliche Population.
Es wird angenommen, dass SARS von [Hufeisenfledermäusen über Musangs](https://journals.plos.org/plospathogens/article?id=10.1371/journal.ppat.1006698) in die menschliche Population gelangt ist.
#### Mensch zu Mensch Übertragungen
Die Fähigkeit zwischen Menschen übertragen zu werden ist äusserst wichtig, um die mögliche weitere Entwicklung des Ausbruchs zu verstehen.
SARS wurde damals von der WHO als [globale Bedrohung der öffentlichen Gesundheit](https://www.who.int/whr/2007/overview/en/index1.html) eingestuft, da es sich effizient von Mensch zu Mensch übertrug und eine hohe Sterblichkeit hatte.
- New China virus: Five questions scientists are asking Nature news 2020-01-22
- China virus latest: first US case confirmed Nature news 2020-01-21
- New virus surging in Asia rattles scientists Nature news 2020-01-20
- New virus identified as likely cause of mystery illness in China Nature news 2020-01-08
## Aktueller Ausbruch eines neuartigen Coronavirus
Im Dezember 2019 wurden in Wuhan, China, Lungenentzündungen unbekannter Herkunft beschrieben.
Wir wissen jetzt, dass es sich um einen Ausbruch eines neuen Coronavirus handelt.
Dieses Virus wird vorläufig als nCoV (novel coronavirus) bezeichnet.
Per 30. Januar wurden über 7,914 Fälle und 170 Todesfälle [gemeldet](https://en.wikipedia.org/wiki/2019%E2%80%9320_outbreak_of_novel_coronavirus_(2019-nCoV)).
Es ist noch zu früh um die Sterblichkeitsrate einzuschätzen; es gibt jedoch erste Anzeichen dafür, dass sie deutlich unter jener von SARS-CoV liegt.
Die Fallzahlen stiegen in den letzten Tagen dramatisch an. Dies ist zum Teil auf eine verstärkte Überwachung und vermehrte Tests zurückzuführen.
Während das Epizentrum des Ausbruches Wuhan ist, das jetzt [unter Quarantäne](https://twitter.com/PDChina/status/1220060879112282117) steht, hat sich das Virus in ganz China und im Ausland, einschliesslich Hongkong, Singapur, Japan, Thailand, Europa, Nord Amerika, Süd Asien, Südkorea, und Australien ausgebreitet.
Vereinzelt gibt es Berichte über Übertragungen ausserhalb Chinas, zum Beispiel aus Deutschland, Vietnam, und Japan.
Der Ursprung des Virus ist noch unklar, doch eine [Genomanalyse](https://virological.org/t/ncovs-relationship-to-bat-coronaviruses-recombination-signals-no-snakes/331) lässt vermuten, dass nCoV am engsten mit zuvor in Fledermäusen identifizierten Viren verwandt ist.
Es ist jedoch möglich, dass es vor der Übertragung auf den Menschen noch andere tierische Wirte gab.
Entgegen manchen Berichten gibt keine Hinweise auf Schlangen als Zwischenwirt.
#### Nextstrain Narrative
Die folgenden Seiten enthalten Analysen, die mit [Nextstrain](https://nextstrain.org) durchgeführt wurden.
Wenn Sie durch die linke Leiste blättern, werden Textabschnitte mit einer entsprechenden Visualisierung der genomischen Daten auf der rechten Seite angezeigt.
Das vollständige Genom eines neuartigen und grossen RNA-Virus schnell zu entschlüsseln ist eine bemerkenswerte Leistung.
Diese Analysen wurden durch den schnellen und offenen Austausch von genomischen Daten und Interpretationen durch Wissenschaftler auf der ganzen Welt ermöglicht (siehe die letzte Folie mit einer Liste der beitragenden Institute).
- Interaktive Stammbäume in Auspice (englisch) 2019-01-24
## Übertragungs-Bäume und Phylogenien
Krankheitserreger verbreiten sich durch Replikation in einem Wirt und anschliessender Übertragung auf einen anderen Wirt.
Eine Epidemie kann nur dann ausbrechen, wenn eine Infektion im Mittel zu mehr als einer Folgeinfektion führt.
Wenn sich der Erreger vermehrt und ausbreitet, muss sein Genom mehrfach repliziert werden.
Während der Replikation passieren zufällige Mutationen (Kopierfehler), welche sich im Genom akkumulieren.
Solche Zufallsmutationen können helfen, die Ausbreitung des Erregers zu verfolgen und etwas über seine Übertragungswege und Übertragungsdynamik zu erfahren.
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<img alt="cartoon showing how transmission tree and phylogenetic tree relate" width="500" src="https://neherlab.org/talk_images/infection_tree_combined.png"/>
</div>
Die obige Abbildung zeigt eine Skizze eines Übertragungsbaums.
In diesem Beispiel wurde ein Bruchteil der Fälle getestet und analysiert (in blau dargestellt).
In der Praxis ist der Übertragungsbaum unbekannt und es liegen in der Regel nur grobe Schätzungen der Fallzahlen vor.
Genomsequenzen erlauben es, diesen Übertragungsbaum zu rekonstruieren.
In diesem Beispiel sind drei Mutationen (kleine Rauten) auf dem Baum markiert.
Sequenzen, welche dieselben Mutationen aufweisen, sind enger miteinander verwandt.
Daher erlauben uns diese Mutationen, Gruppen von verwandten Fällen, die zu denselben Übertragungsketten gehören, zu identifizieren.
### Phylogenetische Bäume interpretieren
Unten sehen wir eine Illustration mit einem phylogenetischen Baum auf der linken Seite, in welchem Mutationen als farbige Kreise dargestellt sind.
Auf der rechten Seite sind die entsprechenden Sequenzen ebenfalls mit Mutationen als farbige Kreise dargestellt.
Der Baum gruppiert Sequenzen mit denselben Mutationen zusammen.
Wenn Sequenzen durch eine vertikale Linie verbunden sind -- (z.B. A und B) -- bedeutet dies, dass es keine Unterschiede zwischen ihnen gibt; ihre Sequenzen sind identisch.
Wenn eine Sequenz wie C oder E allein am Ende einer langen horizontalen Linie sitzt, bedeutet dies, dass sie Mutationen hat, welche in anderen Sequenzen nicht zu finden sind.
Dabei gilt, je länger eine Linie ist, desto mehr Mutationen trennen den Start und das Ende der Linie.
A und B haben zusätzlich je eine Mutation (der grüne Kreis), welche von den anderen Sequenzen nicht geteilt werden, jedoch bei A und B vorhanden sind.
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<img alt="cartoon of phylogenetic tree and corresponding alignment, with samples labelled A-E" width="500" src="https://data.nextstrain.org/toy_alignment_tree.png"/>
</div>
Im Moment sieht die Phylogenie des neuartigen Coronavirus (nCoV) nicht sehr "baum-artig" aus.
Viele der Sequenzen sind identisch -- sie sitzen zusammen auf vertikalen Linien wie A und B oder finden sich ganz links an der "Wurzel" des Baums.
Andere haben Mutationen und sitzen daher am Ende von Linien oder "Ästen".
Wenn Sie die Maus über einen der Äste halten, öffnet sich eine Infobox mit Details zu den Mutationen.
Zur Rechten sehen Sie eine Phylogenie von 42 nCoV-Stämmen, die öffentlich zugänglich sind. Informationen darüber, wie die Analyse durchgeführt wurde, finden Sie in diesem GitHub-Repository.
Die Farben repräsentieren diejenige regions innerhalb einses Landes oder denjenigen US-Staat der Isolation, wobei die x-Achse die Nukleotid-Divergenz darstellt.
Die Divergenz wird als Anzahl der Veränderungen (Mutationen) im Genom, relativ zur Grösse des Genoms, gemessen. Mehrere Sequenzen haben keine Mutationen -- das heisst, sie sind alle identisch mit der Wurzel (Mitte) des Baumes. Andere Viren haben zwischen einer und sieben Mutationen.
Die Sequenzierung des Genoms eines grossen neuartigen RNA-Virus in einer Ausbruchssituation ist eine grosse Herausforderung. Einige der in diesen Sequenzen beobachteten Unterschiede können eher auf Sequenzierungsfehler als auf tatsächliche Mutationen zurückzuführen sein. Einfügungen, Deletionen und Unterschiede an den Enden des Genoms sind mit grösserer Wahrscheinlichkeit Fehler und wurden deshalb in dieser Analyse weggelassen.
Die genetische Vielfalt der verfügbaren nCoV-Sequenzen ist relativ niedrig: 11 von 42 Sequenzen haben keine einzigartigen Mutationen.
Die geringe genetische Vielfalt deutet darauf hin, dass der letzte gemeinsame Vorfahre aller nCoV-Sequenzen erst vor kurzer Zeit zirkulierte. Diese Aussage beruht auf der Tatsache, dass Mutationen bei Coronaviren mit einer Rate von etwa 1-2 Mutationen pro Monat auftreten, was verglichen mit anderen RNA Viren eher wenig ist. Typischerweise beobachtet man eine hohe genetische Diversität, wenn der Ausbruch auf wiederholte Einführungen aus einem Tierreservoir zurückgeht (dies gilt für Lassa, Ebola, MERS-CoV und Vogelgrippe). Daher gehen wir davon aus, dass dieser Ausbruch auf eine einzige Übertragung aus dem Tierreich herrührt (oder wenige Übertragungen von der gleichen Quelle), gefolgt von einer Ausbreitung des Virus von Mensch zu Mensch.
Wir beginnen Gruppen von Sequenzen zu sehen, welche Mutationen teilen. Eine Gruppe von Sequenzen beinhaltet dabei Sequenzen von Guangdong und vier in den USA. Sequenzen in dieser Gruppen sind tendenziell neuere Sequenzen, was darauf hindeutet, dass das Virus Mutationen akkumuliert hat. Es gibt momentan keine Hinweise darauf, dass diese Mutationen das Verhalten des Virus beeinflusst. Es ist komplet normal, dass RNA-Viren mutieren.
Es gibt drei genetisch identische Isolate aus Zhuhai (Südostchina, Provinz Guangdong), die einen Cluster bilden und eine Mutation haben, die sonst in keinem anderen Isolat zu finden ist.
Diese beiden Fälle (welche auf 028 und 040 enden) gehören zu einer Familie, was auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch hindeutet. Wir haben keine näheren Information zum dritten Fall.
Von den sechs Isolaten aus der Guangdong Provinz, in welched die Stadt Shenzhen ist, sehen wir vier Isolate, die genetisch identisch sind. Diese Sequenzen unterscheiden sich durch drei Mutationen von der Wurzel des Baumes.
Drei der Sequenzen von Guangdong, welche auf F025, F013 und F012 enden, stammen auch aus einer Familie und stellen mit ziemlicher Sicherheit eine Übertragung von Mensch zu Mensch dar.
Die beiden Sequenzen von Frankreich sind identisch und haben beide eine Mutation, welche auch eine Sequenz und den USA und aus Taiwan haben. Es ist bekannt, dass diese beiden Fälle aus der gleichen Familie sind - einem Chinesischen Paar aus Wuhan
Aus vielen ost- und südostasiatischen Ländern, den USA, Australien und Europa werden diagnostisch bestätigte nCoV-Fälle gemeldet. Aus Vietnam, Japan und Deutschland wurden Fälle ohne Reisegeschichte nach Wuhan gemeldet.
Die einzigen derzeit verfügbaren Sequenzdaten für Fälle ausserhalb Chinas sind die beiden Fälle aus Thailand, fünf aus den USA, zwei von Frankreich und einer aus Taiwan Die thailändischen Proben sind genetisch identisch mit sechs chinesischen Sequenzen, darunter fünf isoliert in Wuhan. Vier Sequenzen aus den USA tailen zwei Mutationen mit Sequenzen aus Shenzhen. Die restlichen Sequenzen aus den USA teilen Mutationen mit der Sequenz aus Taiwan und den beiden aus den USA
Die einfachste Erklärung für die beobachteten Muster der geteilten Mutation zwischen den Shenzhen und US Sequenzen ist, dass eine verwandte Virus Variante in Wuhan zirkuliert. Es gibt keinen Beweis für einen Bezug zwischen den US Sequenzen ausser den Bezug zu Wuhan
Die hohe Ähnlichkeit der Genome deutet darauf hin, dass sie in der nahen Vergangenheit einen gemeinsamen Vorfahren hatten. Andernfalls würden wir eine höhere Anzahl von Unterschieden zwischen den Sequenzen erwarten.
Frühere Forschungen über verwandte Coronaviren legen nahe, dass diese Viren zwischen einer und drei Veränderungen in ihrem Genom pro Monat akkumulieren (Raten von 3× 10-4 bis 1×10-3 pro Position und Jahr).
Auf der rechten Seite zeigen wir Schätzungen zur Datierung des Ausbruchs und diskutieren, wie unterschiedliche Annahmen zur Mutationsrate diese Schätzung beeinflussen.
## Datierung des gemeinsamen Vorfahren
Mit den zusätzlichen Sequenzen, welche in der letzten Woche veröffentlicht wurden, is die Annahme eine sternförmige Phylogenie-Struktur nicht mehr berrechtigt.
Wir reproduzieren hier unsere ANalyse basierend auf den Daten bis zum 2020-01-25
Hier nehmen wir eine sternförmige Phylogenie-Struktur und eine Poisson-Verteilung der Mutationen in der Zeit an, um den Zeitpunkt des letzten gemeinsamen Vorfahren ("TMRCA") der sequenzierten Viren abzuschätzen.
**Der gemeinsame Vorfahre existierte höchstwahrscheinlich zwischen Mitte November und Anfang Dezember 2019.**
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<img alt="graph of TMRCA estimates based on different mutation rates" width="500" src="https://data.nextstrain.org/ncov_poisson-tmrca.png"/>
</div>
Mit dem gesamten Datensatz, die Zeit des gemeinsamen Vorfahren aller Sequenzen wird von der Nextstrain pipeline auf Ende November oder Anfangs Dezember geschätzt.
Es gibt einen [bestätigten Fall in Wuhan vom 1. Dezember 2019](https://twitter.com/trvrb/status/1220749265380593664).
Der gemeinsame Vorfahre aller Sequenzen kann aber später als dieses Datum sein.
Genauere Analysen sind in Arbeit.
Eine wichtige Grösse bei der Ausbreitung eines Erregers ist die durchschnittliche Anzahl von Sekundärfällen, die jede Infektion hervorruft.
Diese Zahl wird als R0 ("R-Null") bezeichnet. Wir präsentieren hier einfache Schätzungen von R0.
## Schätzung der Ausbreitungsrate
Wissenschaftler des Imperial College London haben die Zahl der ausserhalb Chinas beobachteten Fälle zur Schätzung der [Gesamtzahl der Fälle](https://www.imperial.ac.uk/mrc-global-infectious-disease-analysis/news--wuhan-coronavirus/) herangezogen und gehen davon aus, dass es bereits vor eine Woche mehrere Tausend Fälle in Wuhan gegeben hat (per 2020-01-22).
Mit den zusätzlichen exportieren Fällen mus bis Heute von mindestens 50000 Fällen ausgegangen werden.
Zusammen mit unseren früheren Schätzungen des Alters des Ausbruchs und Informationen über den Infektionszeitraum können wir mit Hilfe eines Verzweigungsmodelles plausible Bereiche von R0 abschätzen.
**Schätzungen von R0 deuten auf Werte zwischen 1,8 und 3,5 hin**
Wenn wir davon ausgehen, dass der Ausbruch Anfang November 2019 (vor 12 Wochen) begann, finden wir, dass R0 zwischen 1,8 und 2,5 liegen sollte, je nachdem, wie gross ('n') der Ausbruch zum momentanen Zeitpunkt ist.
<div>
<img alt="Graph der R0-Schätzungen mit Epidemiebeginn vor 12 Wochen" width="500" src="https://data.nextstrain.org/ncov_branching-R0-early_2020-01-29.png"/>
</div>
Geht man von einem Start Anfang Dezember 2019 (vor 8 Wochen) aus, liegen die Schätzungen für R0 zwischen 2.2 und 3,5:
<div>
<img alt="Graph der R0-Schätzungen mit Epidemiebeginn vor 8 Wochen" width="500" src="https://data.nextstrain.org/ncov_branching-R0-recent_2020-01-29.png"/>
</div>
Diese Schätzungen sind weitgehen konsisten mit deren anderer Wissenschaftler, welche einen R0-Wert zwischen 2 und 3 schätzen, sehen Sie zum Beispiel <a href="https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.01.25.919787v1">diese Vorveröffentlichung</a>.
Es ist wichtig anzumerken, dass der R0-Wert stark auf den Sozioökonomischen Kontext und Bestrebungen zur Kontrolle der Ausbreitung einer Krankheit ankommen.
Wir möchten uns für die beeindruckende, schnelle und transparente Arbeit aller an diesem Ausbruch beteiligten Wissenschaftler, insbesondere aber jener in China tätigen, bedanken. Nur durch den raschen Austausch von genomischen Daten und Metadaten sind solche Analysen möglich.
Die nCoV Genom-Daten wurde produziert von:
- Shanghai Public Health Clinical Center & School of Public Health, Fudan University, Shanghai, China
- National Institute for Viral Disease Control and Prevention, China CDC, Beijing, China
- Institute of Pathogen Biology, Chinese Academy of Medical Sciences & Peking Union Medical College, Beijing, China
- Wuhan Institute of Virology, Chinese Academy of Sciences, Wuhan, China
- Department of Microbiology, Zhejiang Provincial Center for Disease Control and Prevention, Hangzhou, China
- Guangdong Provincial Center for Diseases Control and Prevention
- Department of Medical Sciences, National Institute of Health, Nonthaburi, Thailand
- Division of Viral Diseases, Centers for Disease Control and Prevention, USA
- Centers for Disease Control, R.O.C., Taipei, Taiwan
- Institut Pasteur, Paris, France
Diese Daten wurden via GISAID zur Verfügung gestellt.
Auf der rechten Seite finden Sie eine detaillierte Auflistung der Sequenzen und ihrer Urheber.
The nCoV genomes were generously shared by scientists at the
* Shanghai Public Health Clinical Center & School of Public Health, Fudan University, Shanghai, China
- Wuhan-Hu-1/2019
* National Institute for Viral Disease Control and Prevention, China CDC, Beijing, China
- Wuhan/IVDC-HB-01/2019
- Wuhan/IVDC-HB-04/2020
- Wuhan/IVDC-HB-05/2019)
* Institute of Pathogen Biology, Chinese Academy of Medical Sciences & Peking Union Medical College, Beijing, China
- Wuhan/IPBCAMS-WH-01/2019
- Wuhan/IPBCAMS-WH-02/2019
- Wuhan/IPBCAMS-WH-03/2019
- Wuhan/IPBCAMS-WH-04/2019
* Wuhan Institute of Virology, Chinese Academy of Sciences, Wuhan, China
- Wuhan/WIV02/2019
- Wuhan/WIV04/2019
- Wuhan/WIV05/2019
- Wuhan/WIV06/2019
- Wuhan/WIV07/2019
* Department of Microbiology, Zhejiang Provincial Center for Disease Control and Prevention, Hangzhou, China
- Zhejiang/WZ-01/2020
- Zhejiang/WZ-02/2020
* Guangdong Provincial Center for Diseases Control and Prevention
- Guangdong/20SF001/2020
- Guangdong/20SF012/2020
- Guangdong/20SF013/2020
- Guangdong/20SF014/2020
- Guangdong/20SF025/2020
- Guangdong/20SF028/2020
- Guangdong/20SF040/2020
- Guangdong/20SF174/2020
- Guangdong/20SF206/2020
- Guangdong/20SF207/2020
- Foshan/20SF207/2020
- Foshan/20SF210/2020
- Foshan/20SF211/2020
* Department of Medical Sciences, National Institute of Health, Nonthaburi, Thailand
- Nonthaburi/61/2020
- Nonthaburi/74/2020
* Division of Viral Diseases, Centers for Disease Control and Prevention, USA
- USA-WA1/2020
- USA/AZ1/2020
- USA/IL1/2020
- USA/CA1/2020
- USA/CA2/2020
* Centers for Disease Control, R.O.C., Taipei, Taiwan
- Taiwan/2/2020
* Institut Pasteur, Paris, France
- France/IDF0372/2020
- France/IDF0373/2020